Stadt Neu Isenburg

Namen

Katzenstein, Peter Isaak

VornamePeter Isaak
NachnameKatzenstein
Geburtsdatum09.09.1940
Geburtsort/WohnortFrankfurt am Main
Aufenthalt im Heim „Isenburg“20.09.1940 - 12.03.1941
Abgemeldet nachFrankfurt am Main
Beruf-
Deportation/Flucht

Deportiert am 15.09. 1942 von Frankfurt am Main in das Ghetto Theresienstadt. AusTheresienstadt befreit

Sterbedatum und -ort-
Porträt Peter Isaak Katzenstein
Peter Isaak Katzenstein, 2014

Peter Isaak Katzenstein ist der Sohn der ebenfalls in diesem Gedenkbuch verzeichneten Grete Katzenstein. Er wurde am 9. September 1940 im Israelitischen Krankenhaus in Frankfurt am Main, Gagernstraße 36, geboren. Einige Wochen vor seiner Geburt hatte Grete Katzenstein im Neu-Isenburger Heim des Jüdischen Frauenbundes Aufnahme gefunden. Nach der Geburt kehrten Mutter und Sohn zusammen nach Neu-Isenburg zurück. Grete Katzenstein bemühte sich sehr um ihren Sohn, musste ihn jedoch schließlich verfolgungsbedingt zurücklassen und vor der Gestapo fliehen.

Als Peter ein halbes Jahr alt war, wurde er von Neu-Isenburg nach Frankfurt in das Heim des Vereins „Weibliche Fürsorge“ in der Hans-Thoma-Straße 24 verlegt. Dort blieb er anderthalb Jahre lang. Am 15. September 1942 wurde das Heim der “Weiblichen Fürsorge” zwangsweise geschlossen. Die verbliebenen 43 Kinder und ihre Betreuerinnen und Betreuer wurden noch am selben Tag von Frankfurt aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Unter ihnen war der zweijährige Peter Isaak Katzenstein.

Peter überlebte im Konzentrationslager Theresienstadt. Kurz vor Kriegsende wurde er in dem sogenannten Musy-Transport in die Schweiz gerettet. Damals wurden am 5. Februar 1945 in einem Tauschgeschäft – Menschen gegen Devisen – 1200 jüdische Gefangene aus Theresienstadt in die Schweiz gebracht. Es handelte sich überwiegend um ältere Menschen, aber auch 58 Kinder konnten ausreisen.

Peter wurde zunächst in das Auffanglager Montreux-Belmont gebracht, später lebte er im Durchgangslager Möhlin (Kanton Aargau). Kontakt zu seiner späteren Adoptivfamilie fand er durch einen glücklichen Zufall. Peter besuchte mit einer Rot-Kreuz-Schwester aus dem Lager Möhlin das Bekleidungsgeschäft Albert Luss in Rheinfelden. Als sein Nachname zur Sprache kam, wurde die Tochter des Inhabers hellhörig, war Katzenstein doch der Name ihres Freundes und späteren Ehemannes. Ruth Luss hatte die Hoffnung, dass mit Peter ein deutscher Verwandter der Katzensteins die Shoah überlebt haben könnte. Zwar stellte sich heraus, dass kein Verwandtschaftsverhältnis bestand, dennoch kämpfte die Familie Katzenstein dafür, dass der kleine Junge in der Schweiz bleiben durfte. Anni Tilli Katzenstein nahm den Jungen schließlich in Pflege und adoptierte ihn einige Jahre später.

Bei seiner Ankunft in der Schweiz wusste Peter nichts über seine Herkunft. Entscheidende Aufklärung konnte Emma Haas leisten, die von 1924 an als Hausmutter im Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg eine leitende Funktion inne gehabt hatte. Emma Haas war nach der zwangsweisen Auflösung der Neu-Isenburger Einrichtung im März 1942 nach Mainz gezogen und am 10. Februar 1943 von Darmstadt aus nach Theresienstadt deportiert worden. Am 5. Februar 1945 wurde sie im selben Transport wie Peter in die Schweiz gerettet. Unter Vermittlung des Schweizer Hilfswerks für Flüchtlingskinder konnte sie der Pflegemutter im Herbst 1945 Auskunft über die Mutter des Jungen geben. Peters Mutter, Grete Katzenstein, hatte die Shoah nicht überlebt (vgl. den Gedenkbucheintrag zu Grete Katzenstein).

Nach Kriegsende gelang es, Peters Onkel – den Bruder der Mutter – ausfindig zu machen, der nach Palästina hatte fliehen können. Ein weiterer Verwandter war in die USA emigriert. Beide waren bereit, den Jungen aufzunehmen. Da sich Peter aber in der Schweiz gut eingelebt hatte, blieb er in der Schweiz bei Anni Katzenstein.

Peter wuchs in der Schweiz bei seiner Adoptivmutter auf. Nach dem Schulabschluss machte er eine Ausbildung zum Automechaniker. Im Alter von 26 Jahren emigrierte Peter Katzenstein nach Kanada, wo er sich zum Versicherungskaufmann ausbilden ließ. Peter Isaak Katzenstein lebt mit seiner Frau in Calgary.

Quellen:

Archive: Stadtarchiv Neu-Isenburg; Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

Dokumentationen:

Volker Mahnkopp: Dokumentation zu vom NS-Staat verfolgten Personen im Frankfurter Kinderhaus der Weiblichen Fürsorge e. V., Hans-Thoma-Straße 24: https://www.platz-der-vergessenen-kinder.de/mai/frontend/function/file.php?id=71

David Katzenstein: Chronik der Familie Katzenstein aus Schwalenberg, Grafschaft Lippe-Detmold (unveröffentlicht)

Mirjam Truniger: Von Theresienstadt via St. Gallen nach ‘Unbekannt’. Die Minderjährigen des Theresienstadt-Transports vom Februar 1945, Masterarbeit (Pädagogische Hochschule St. Gallen), 2018: http://phsg.contentdm.oclc.org/cdm/singleitem/collection/p15782coll2/id/2179/rec/2

Besonderer Dank gilt Peter Isaak Katzenstein für seine Auskünfte und die Genehmigung zu ihrer Veröffentlichung, außerdem David Katzenstein für die Vermittlung des Kontaktes zu seinem Cousin Peter Isaak sowie für die Überlassung der von ihm recherchierten Sachverhalte zur Lebensgeschichte seines Cousins.

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